Grundlagen des Einbindens
Für alle Tragesysteme gilt, dass das Baby einen festen Sitz haben und überall gut vom Stoff gehalten werden soll. Vor allem bei jüngeren Babys und bei schlafenden größeren Kindern muss der Nacken von Tuch oder Trage gut gestützt werden. Auch ist es wichtig, dass die Atemwege des Kindes jederzeit frei sind.
Physiologisch ist es, wenn das Baby in einer Spreiz-Anhock-Haltung sitzt, die Beinchen also angewinkelt sind und sich die Knie auf gleicher Höhe wie der Bauchnabel des Kindes befinden. Dass Babys mit Rundrücken in Tuch bzw. Trage sitzen, ist so gewünscht. Beides (Spreiz-Anhock-Haltung und Rundrücken) wird nur erreicht, wenn das Baby mit seinem Bauch zum Körper des Tragenden hin getragen wird. Das Einbinden eines Kindes andersherum, mit Blickrichtung vom Tragenden weg, ist folglich nicht physiologisch, sondern kann die Entwicklung seines Bewegungsapparates (Hüftgelenke, Rücken) negativ beeinflussen.
Für die Tragehöhe vorn, am Bauch des Tragenden, gibt es folgenden Richtwert:
Der Kopf des Babys sollte so hoch sein, dass man es bequem auf die Stirn küssen kann, ohne sich besonders weit nach unten beugen zu müssen.
Bei Trageweisen auf der Hüfte ergibt sich die Tragehöhe von selbst, da man das Kind instinktiv auf die Beckenschaufel bzw. in die Taille setzt. Frauen haben mit ihrem breiteren Becken auf jeden Fall einen Vorteil gegenüber Männern, was den Hüftsitz angeht.
Beim Tragen auf dem Rücken ist es gut, wenn das Baby weit oben sitzt. Das hat drei Vorteile:
Es kann dem Erwachsenen über die Schulter schauen und muss seinen Kopf nicht die ganze Zeit zur Seite halten. Der Erwachsene hat das Baby mit einer Kopfdrehung nach hinten gut im Blick und kann auch sehen, wenn z. B. Babys Mütze verrutscht ist.
Um ein hinten weit oben getragenes Kind herum passt auch eine normal geschnittene Jacke in Übergröße , ohne dass Babys Kopf in der Jacke verschwindet.
Die meisten Trageweisen auf dem Bauch und auf der Hüfte sind schon mit einem Neugeborenen möglich. Für das Tragen auf dem Rücken hingegen sollte das Baby schon eine gute Kopfkontrolle haben.
Wichtig beim Tragen auf dem Bauch ist auch, dass man darauf achtet, dass man vorn keinen Reißverschluss bzw. Schmuck o. ä. hat, woran sich das Baby wehtun könnte.
Wie man einen festen Sitz in der optimalen Haltung erreicht
Beim Tragetuch und bei allen Tragen, die ein Rückenteil und/oder Träger aus Tuchstoff haben, zieht man den Tuchstoff Strähne für Strähne am Kind fest und reguliert die Spannung darüber hinaus durch Umschlagen des Stoffes, z. B. nach außen über die Schultern, und/oder Breitziehen oder Raffen des Stoffs. Das alles ist möglich, da der Stoff durch spezielle Webarten diagonal gut dehnbar ist bzw. beim gestrickten Jersey-Tragetuch in alle Richtungen Dehnbarkeit aufweist.
Vor dem finalen Festziehen der Tuchbahnen bzw. Träger muss das Kind in die Spreiz-Anhock-Haltung gebracht werden, bei der der Po tiefer ist als die Kniekehlen. Beim Tragetuch und dem RingSling muss man dazu ein Beutelchen um den Po des Kindes formen, der bis in seine Kniekehlen und bis zu seinem Bauchnabel hinauf reicht. Da das so wichtig ist, weise ich in allen Anleitungen mit Tragetüchern noch einmal darauf hin.
Um die festgezogenen Tuchbahnen zu fixieren, gibt es mehrere Möglichkeiten:
Am gebräuchlichsten ist es, eine Doppelknoten zu machen, der flacher Knoten genannt wird. Er sieht schön symmetrisch aus und ist nicht so buckelig wie ein Doppelknoten, wie wir ihn üblicherweise im Alltag machen.
Außerdem gibt es den Schiebeknoten als speziellen Doppelknoten, bei dem eine Tuchbahn um die andere gewickelt wird und dabei alle mehrere Wendungen vollführt, wohingegen die andere Tuchbahn gerade durch den Knoten hindurchläuft und verschiebbar ist.
In den Bindeanleitungen auf dieser Seite kommt er nur bei den Hüftbindeweisen mit dem Tragetuch zum Einsatz. Dort ist auch genau beschrieben, wie er gemacht wird.
Manchmal – bei rauen Stoffen mit viel Reibung oder Bindeweisen mit einem langen Tuch – reichen auch ein einfacher Knoten oder das Einstecken der Tuchenden aus. In anderen Fällen leistet auch ein einfacher Knoten mit zwei Umwicklungen gute Dienste, z. B. beim Festziehen dickerer Kordeln.
Auch mit einem Ring kann man die Tuchenden fixieren. Wie das funktioniert, wird bei den Bindeanleitungen für das Tragetuch beim einfachen Hüftsitz und bei der Rucksacktrage (Abschluss mit einem Ring) erklärt, außerdem kommt es bei den Bindeweisen für 2 Traglinge in 1 Tuch zur Anwendung.
Mit einem Ring-Paar lässt sich ebenfalls vieles machen, da es ein strähnchenweises Festziehen der Tuchbahn und dessen Fixierung ermöglicht, aber auch das schnelle Lockern der Tuchbahn erlaubt. Die detaillierte Beschreibung findet sich bei den Bindeanleitungen für das Tragen im RingSling.
Ringe gibt es in verschiedenen Größen zu kaufen. Die kleinen (ca. 63,5 mm Durchmesser) kommen bei relativen schmalen, tuchartigen Trägern zum Einsatz, die mittleren (ca. 75 mm Durchmesser) bei Tüchern mit reduzierter Breite oder normaler Breite, aber dünnem Stoff, die großen (ca. 87 mm Durchmesser) bei normalen Tragetüchern und die ganz großen (ca. 100 mm Durchmesser) für ganz dicke Tücher und für Konstruktionen mit zwei Tüchern, wie ein Doppel-RingSling.
(Die kleinen, mittleren und großen Ringe gibt es bei vielen Anbietern, die ganz kleinen und ganz großen Ringe habe ich nur bei Madame Jordan gefunden.)
Zu Bindeweisen mit Ringen findest Du Informationen bei den Anleitungen zum RingSling und Tragetuch sowie bei den Anleitungen zum Tragen von zwei Kindern gleichzeitig: mit einem Tuch sowie mit zwei gekoppelten Tüchern.
Allgemeines zu den Anleitungen
Alle Bindeanleitungen, Texte und Fotos, sind mit viel Hingabe, Freudenschaft sowie Liebe zum Detail entstanden. Es gingen viele Überlegungen und zahlreiche Versuche voraus, ehe wir die vorteilhaftesten Trageweisen fanden und sich die sinnvollste Abfolge der einzelnen Bindeschritte herauskristallisierte.
Neben den Anleitungen für die “Klassiker” sind auch Anleitungen für veränderte Bindeweisen dabei (wie z. B. die Doppelkreuztrage ohne Knoten mit dem Tragetuch und die Modifizierung der Rucksacktrageweise mit Meh Dai bzw. Halbschnallentragen), außerdem Trage- bzw. Bindeweisen, die ich noch nirgends anders so gesehen habe (wie die gekreuzte Rückentrage und die Schmetterlingstrage mit dem Tragetuch für zwei Traglinge gleichzeitig – sei es mit umgenähtem Tuch oder mit der Verwendung eines Ringes).
Generell haben wir nur die Bindeweisen ausgewählt, die bequem sind, sich tatsächlich auch binden lassen 🙂 und die sich im Alltag bewährt haben, besonders auch in Kombination mit dem Abhalten, wo ein schnelles Herausnehmen und unkompliziertes Wieder-Hineinsetzen in Tuch oder Trage besonders wichtig sind.
Mit dem RingSling bildet eine Tragehilfe den Anfang, deren Logik leicht verständlich ist. Mit dem Tragetuch erfolgt eine behutsame Steigerung im Schwierigkeitsgrad. Mit dem Wissen zum Tragetuch ist dann auch das Tragetuch-Plus mit Bauchgurt zu verstehen. Mit diesem Verständnis sind die Raffinessen zum Meh Dai und den Halbschnallentragen (mit Fixierungsschlaufen, sodass sie sich so einfach wie eine Vollschnallentrage nutzen lassen) ebenfalls gut nachvollziehbar. In der Alles-in-einem-Trage kommen dann alle Techniken zum Einsatz, weswegen sie ganz am Ende steht.
Insofern empfiehlt es sich, wenn Du Dich zum Erhalten eines guten Überblicks von oben nach unten durch die Anleitungen zu den verschiedenen Tragehilfen “arbeitest”, um Dich dann später der Beschreibung Deiner Lieblingstrageweise detaillierter zuzuwenden.
Wir wünschen Dir viel Freude beim Lesen und Anschauen sowie beim Ausprobieren. 🙂
Und auch wenn manches eher an eine Knobelaufgabe oder Denksport erinnert: Es macht wirklich Spaß, wenn man die erste Hemmschwelle überwunden hat.